Freitag, 16 April 2010#

Eine würgevolle Kotzparade – Frustabbau von Raub nach Kuala Lipis

​16. April

7:30 - die perfekte Uhrzeit für ein gepflegtes Brecherchen unter meinem Fenster!

Noch bevor die Dämpfe zu mir aufsteigen habe ich im Halbschlaf meine Taschen gepackt. Als es in meiner Nase kribbelt kann ich Gott sei Dank die Tür hinter mir schließen und das Hotel verlassen.

Was für eine schreckliche Nacht geht hier zu Ende: die Klimaanlage rattert auf Hochtouren und dennoch bleibt es schwül, heiß und stickig im Zimmer. Die einzigen die sich in der klebrigen Luft richtig wohlfühlen, sind die Moskitos, die munter um meinen Kopf summen.

Unterm Vordach paaren sich laut quietschend zwei Vögel, in der Ferne pellt sich nach langem Kampf endlich das Wollknäul aus dem Hals einer Katze.

Geht es schlimmer? Ja! Auf der Straße röhren alle paar Minuten Autos mit defektem Auspuff um die Wette.

Das scheint hier Volkssport zu sein. Jedenfalls habe ich bisher in keinem anderen Land so viele Motoren so laut und erbärmlich knöttern hören wie hier.

Das tiefe, scharfkantige, ganz und gar hässliche Gluckern der unzufriedenen Motoren dröhnt durch die Nacht und reißt mich jedesmal aus dem Schlaf.

Spontan taufe ich das Land um in “Mach mal leiser, ja?!”.

Wie es der Zufall will, wohnt der Kotzheimer mit mir im Hotel und legt gerade auf der Etagentoilette nach, als ich runter zum Ausgang flüchte.

Es ist das erste Mal, dass ich meinen Mundschutz aus China ernsthaft zum Schutz vor einer Infektion aufsetze. Ach, vielleicht auch zum Schutz vor irgendwie allem hier.

Ich bin heilfroh, die Stadt zu verlassen und fahre müde, enttäuscht und voll mit Wut im Bauch die ersten zwanzig Kilometer im Stechschritt.

So habe ich mich zuletzt glaube ich in Kirgistan am Song Köl See nach der Nacht in der Jurte gefühlt.

Als ein Schild zur Landstraße C144 zeigt, fasse ich all meinen Mut und Hoffnung zusammen, verlasse die hektische Schnellstraße und folge der Abzweigung auf die Landstraße.

Der Unterschied ist überwältigend und direkt spürbar. Kein Spruch: Die Menschen, die Landschaft - ich selbst bin plötzlich komplett verändert. Ich taue regelrecht auf, sehe wieder Natur und freundliche Menschen!

Spätestens am ersten Berg ist wieder alles in Butter und ich schwitze mir den ganzen Frust von der Seele. Da bleibt keine Energie für den Miesepeter übrig.

Kurz vor der Abfahrt ins Tal treffe ich die LKW-Fahrer wieder, die mich vorher überholt hatten. Mit allerhand Grimassen und Sprüchen feuern sich mich am und bringen mich sogar wieder zum Lachen. Zudem warnen sie mich vor der Baustelle, die weiter unten in einer scharfen Kurve lauert. Danke dafür!

Die Moral von der Geschichte: Radfahrer such Deinen weiten Weg weiter weg von den Hauptstraßen!

Im Tal empfängt mich neben gut gelaunten Bauarbeitern leider auch die Schwüle wieder.

Grandios, wie direkt die Leistung runter geht. Es ist unglaublich anstrengend und der “Leistungsabfall” durchaus mit dem in großen Höhen vergleichbar: Trotz vollem Einsatz kommt man kaum voran.

Ich stecke mir kleinere Ziele, mache so oft Rast wie möglich, kühle mich in klimatisierten Tankstellen-Shops runter und trinke Unmengen Tee, Wasser, Säfte und Iso-Getränke.

Zum Radfahren bleibt nur noch ein schmales Zeitfenster:

Ab 11 Uhr ist es eigentlich schon zu heiß. Wenn möglich, suche ich mir dann ein Restaurant, wo ich die Zeit bis 17 Uhr überbrücken kann.

Danach fahre ich betont ruhig weiter, bis ich am Ziel bin.

So auch heute. In einer Raststätte schaue ich das WM- Qualifikationsspiel (?) zwischen Dänemark und Portugal an. Schön, wie die Malays mitfiebern und sich über Tore freuen!

Anschließend gibt es noch eine Dokumentation über die Austragungsorte in Afrika. Man, was freu ich mich auf die WM!

Frisch und gestärkt mache ich mich auf die letzten Kilometer Richtung Kuala Lipis.

Dort finde ich schnell ein Hotel mit warmer Dusche, AirCon, WiFi und schönem Nachtmarkt in der Nähe.

Es ist ruhig und ich habe Hoffnung auf einen erholsamen Schlaf – OHNE UnterBrechungen ;)

Tags: Downer, Malaysia, Reise, Reiseberichte


Ort: Kuala Lipis Pahang, Kuala Lipis, Pahang, Malaysia GPS: 4.182422161102295, 102.0547866821289