Sonntag, 17 Januar 2010#

Chaotische Fingerübungen

​16. Januar 

Früh am Morgen erkundige ich mich beim Herbergsvater um die Weiterfahrt nach Luang Prabang.

Dabei halte ich mich streng an eine Lektion, die ich gelernt habe: bei der Suche nach echten Insider-Tipps - frag die Einheimischen! Bevor man sich auf eigene Faust mit vielen anderen Reisenden auf der Straße ins Getümmel stürzt, kann man in einem kleinen Plausch mit “Hiesigen” oft mehr in weniger Zeit erfahren (gilt nicht beim Weg erfragen auf dem Land).  

Zumal das Gespräch erquickend sprachfreudig ist: er - seines Zeichens Lehrer - kann neben Englisch auch Französisch und lockt mir sogar eins zwei klitzekleine frankophile Bröckchen aus dem Sprachzentrum hervor (ich kann ja bekanntlich “gut” französisch). 

Indes schweift mein Kopf immer wieder zurück in den China-Smalltalk-Modus (hahahau hau, eh eh!) und so weiter. 

Es dauert immer so zwei Wochen, bis ich mich sprachlich akklimatisiere und auf die neue Sprache und Gesprächsform einlassen kann bzw. meine Hand-Mund-Koordination auf das neue Land umgestellt ist.

Am Ende erfahre ich tatsächlich, wie es um die Bootsfahrt nach Luang Prabang bestellt ist. Außerdem erkundige ich mich über die Möglichkeiten der Fahrradmitnahme auf den Speedboats, die die Strecke in 6 Stunden anstatt 2 Tagen abfahren.

Denn für die Fahrt nach LP habe ich klare Anforderungen: schnell soll sie sein (keine zwei Tagestour) und ohne viel thailändisches Backpacker-Beiwerk, das mir schon nach wenigen Minuten in der Stadt deutlich auf den Geist ging.

Sein Vorschlag: wir fahren mit seinem Jeep auf dem Landweg nach Luang Prabang City. Das ist 100% sicher und viiiel günstiger. Zudem kann er mir während der Fahrt einiges über Land und Leute erzählen UND ich kann noch hübsche Bilder vom unberührten Landesinnern machen.

Ich akzeptiere seinen Vorschlag und genieße anschließen meine Entspannungsfahrt um den Block, wo ich Beine, Seele und Zunge mal so richtig baumeln lasse. 

Am Abend laden wir das Rad ins Auto und fahren gleich weiter: We go Party! Dabei war ich gerade schön am Papaya schlemmen!

Eine halbe Stunde später reihe ich mich mit ihm und seiner Frau in eine lange Menschenschlange ein: er führt mich auf eine laotische Hochzeit (Holländerriese nimmt halb so große Laotin zur Frau). Die ganze Stadt scheint sich hier zu treffen, um zu gratulieren.

Wir nehmen - klar - in der ersten Reihe Platz. Und ja: jeder muss tanzen. Mit Schweißperlen auf der Stirn gehe ich im Geiste die mir abrufbaren Grundschritte durch. Nichts! Oh nein! Angstblockade, Blackout - Totalblamage!

Zum Glück bleibt mir noch etwas Zeit, denn obwohl die Musik ohrenbetäubend laut ist, scheint keiner dem Treiben um die Bühne geschweige denn dem Animateur Gehör zu schenken und sich nur aufs Essen zu stürzen. 

Bei uns undenkbar: vorne am Eingang empfängt das Brautpaar noch Gäste und hinten werden schon gierig die Folien vom Gedeck gerissen (Fliegenschutz) und geschlemmt was das Zeug hält.

Irgendwann sitzt dann auch endlich das Brautpaar. Zehn Sekunden später das obligatorische Gruppenfoto und drauf gleich der Eröffnungstanz.

Ein traditioneller, laotischer Tanz, bei dem vor allem die Hände mit gespreizten Fingern gedreht werden. Hüftbewegungen sind nur schwach zu erkennen. Ebenso Drehungen und Partnerkontakt. Wirkt auf mich recht steif und emotionslos.

Nach und nach folgen die Eltern und nahe Verwandte dem Paar, bis ein geschlossener Kreis entsteht.      

Dann geht das Paar Tisch für Tisch ab und jeder Gast trinkt einen Schnapps auf ihr Wohl. Dazwischen huscht geduckt ein weiterer Schnapps-Anbieter durch die Menge und schenkt kräftig aus (ein laotischer Stimmungsanheizer?).

Das Ende vom Lied: Nach einer Stunde habe ich gut einen Sitzen, denn offenbar kommt der Huscher verhältnismäßig oft an meinen Platz. Zu guter letzt bittet mich die Frau des Fahrers zum Tanz und da gibt es kein pardon:

Es geht paarweise im Kreis, die Hände immer drehend, schrittweise um den großen Blumenstrauß, der vor der Bühne steht. Zaghaft wackle ich mit den Hüften und versuche mir dabei irgendetwas orientalisch-mystisches vorzustellen.

Als ich kurz die Augen schließe, um mich völlig der Musik hinzugeben, zwickt mich meine Partnerin und es folgt ein Seitenwechsel mit Drehung. Wow! 

Nach dem Tanz verlassen wir schlagartig mit hunderten von anderen Gästen den Ort und fahren nach Hause. Das sind mir mal Sitten. Lustig war’s auf jeden Fall! Dank an den (mir noch immer unbekannten) Gastgeber!

Ich bin ehrlich gesagt ganz froh, dass ich nicht noch mehr trinken muss. Die Dauerpenetration von allen Seiten ist dann doch eher doof als amüsant. Beispiel: Mein strategisches Wasser wird einfach ohne Kommentar weggeschüttet und mit warmen Bier nachgefüllt…

Sei’s drum: Morgen wird es trotz VIP-Service und Stoßdämpfer sehr anstrengend und ruckelig. Bin gespannt auf das “neue” reisen. 

Bilder

Die


Ort: Ban Houayxay, Ban Houayxay, Bokeo, Laos GPS: 20.268016815185547, 100.42520141601562