Freitag, 15 Januar 2010#
Einmal Robbie Willjens und zurück
Zwei Tagesetappen plane ich für Luang Namtha nach Huay Xai.
Am ersten Tag geht es locker flockig die rund 60 Kilometer durch sanfte Hügel nach Vieng Phoukha. Dort kehre ich gegen 17 Uhr hübsch angeschwitzt in einem schönen Guesthouse unter und genieße bei offenem Fenster die Abendstimmung auf meiner Holzterrasse. Vom Hügel hat man einen tollen Überblick auf das Dorf.
Der nächste Tag startet mit einem grandiosen Frühstück: 4 Spiegeleier mit Speck, 4 Marmeladenbrote und viel Tee.
Hochmotiviert trete ich die nächste Etappe an: Heute geht es über 120 durch die Berge. Der erste Anstieg geht nach 20 Kilometern los und überwindet gut 400 Höhenmeter. Dann folgen bei Kilometer 60 und 80 mehrere Wellen mit zwei beeindruckenden Spitzen von nochmal je 200 bis 300 Höhenmetern.
Das Streckenprofil ist auf der Landkarte schon beeindruckend. In der Praxis ist das aber nochmal beeindruckender, denn es geht ständig bergauf und bergab und auch die kleinen Hügel zwischendurch summieren sich.
In jedem Dorf werde ich frenetisch empfangen und fühle mich kurzzeitig groß wie ein Rockstar. Wie schön!
Ich fahre meist langsam durch die Dörfer, denn sie liegen entweder am Ende in der Talsenke oder auf dem Gipfel.
Schon lange vor meiner Ankunft schallt schon von überall “Sabei-Dii!”. Mit der Sonne kommt im Matsch-Kopf irgendwann nur noch Schallbrei an. Mit der Zeit wird mir das Gejubel auch wieder zuviel. Manche Kinder wollen mich anhalten – in meinem Zustand eine seeehr schlechte Idee. Irgendwann nervt es dann doch. Trotzdem versuche ich sooft wie möglich zu lächeln oder wenigstens zu winken, obwohl mir hundeelend zumute ist. Nach einiger Zeit spüre ich die trockene Kehle kaum noch. Alles brennt. Dann wechselt der Straßenbelag auch noch von OK zu sehr schlecht.
Bei Kilometer 65 packt mich der Ehrgeiz / Wahnsinn, am Berg mit dem heranschleichenden thailändischen LKW ein kleines Wettrennen zu veranstalten. Das Rennen gewinne ich, aber danach verliere ich auf voller Strecke. Die Beine werden immer schwerer und am letzten Hügel schiebe ich.
Obwohl ich Gänseschritte mache pocht es mit jedem Schritt mehr in meinem Kopf. Der ganze Kopf besteht nur noch aus Adern - von Gehirn keine Spur - und ich denke nur: wenn jetzt da oben ein Äderchen platzt! Wer macht die Sauerei dann weg?
Die Straße schraubt sich immer weiter um den Berg. Kurz vor dem Gipfel fahre ich links auf eine kleine Feldfläche und falle vor Erschöpfung ins Gras.
Auch die sonst so erfolgreiche Injektion von Sprite hilft nicht weiter. Es ist zuviel. Ich mache eine längere Pause und versuche die Aussicht mit romantischem Grillengezirpe zu genießen. Das Endziel werde ich wohl wieder im Dunkeln erreichen.
Wie lange ich da sitze weiß ich nicht mehr. Einige Mofafahrer fahren vorbei und jubeln mir zu. Wow tut das gut! Und plötzlich rolle ich wieder bis es endlich bergab geht.
Bei der Abfahrt holen mich die Endorphine ein und ein Urschrei entspringt. Mit hochgerissenen Armen rase ich die Steigung runter. So was hartes habe ich seit Kirgistan nicht mehr erlebt!
Die Straße ist wieder super. Ein paar versteckte Bodenwellen machen aber auch die Abfahrt riskant. Ein total verbeulter LKW im Graben in einer halbenengen Kurve holt mich schlagartig wieder auf den Boden zurück. Sieht übel aus.
Im nächsten Dorf sehe ich zwei Backpacker am Straßenrand sitzen. Ich halte an und starte einen kleinen Plausch. Sie kommen aus Italien und warten auf den Bus, der jeden Moment eintreffen soll. Und so ist es: als ich mich umdrehe fährt auch schon der Pick-Up-Bus an.
Die Fahrt kostet umgerechnet 80 Cent. Kurzentschlossen springe ich auf und fahre die letzten 40 Kilometer zusammen mit Rondolf auf der Ladefläche mit (die beiden anderen sitzen vorne beim Fahrer).
Die warme Abendluft tut gut und ich schaue fasziniert dem Landleben zu. Mein Tunnelblick hatte diesen schönen Anblicke leider zu sehr verschleiert. Ab und zu wecken mich Krämpfe in den Beinen aus meinen Tagträumen und ich versuche so gut es geht auf der engen Fläche zu dehnen. Ansonsten macht es einfach nur Spaß so der Sonne entgegen zu fahren.
Glücklich und sehr erleichtert komme ich in Huay Xai an. Es ist noch hell und ich finde etwas ab vom Touristenzentrum ein gutes Guesthouse. Der Herbergsvater empfiehlt mir sein laotische Lieblingsrestaurant, wo ich mit sehr leckerer Suppe Elektrolyte nachtanke.
Morgen lege ich einen Ruhetag ein und kümmere mich um die Weiterfahrt nach Luang Prabang.
Bilder: https://www.flickr.com/photos/christian-trabold/sets/72157623227566842/
Ort: Ban Houayxay, Ban Houayxay, Bokeo, Laos GPS: 20.268585205078125, 100.42472076416016