Dienstag, 25 August 2009#
Song-Köl - der Tragödie erster Teil#

Die Zivilisation verabschiedet sich rapide. Schon nach Kemin gibt es keine Melonen mehr am Straßenrand. Sary-Bulak ist kaum mehr als eine kleine Ansiedlung von ausrangierten LKW-Anhängern, in denen Menschen leben und ein paar Kleinigkeiten verkaufen.
Ich habe noch genug zu trinken und essen, weshalb ich den fragenden Menschen schnell entkomme und meinen nächsten Anstieg vorbereite.
Nachdem ich rechts auf die Straße zum Sog-Köl abbiege wird die Straße unglaublich schlecht. Ich hoffe auf eine kurze “Schwachstelle” und trete kräftiger in die Pedalen. Die Reifen drehen durch, ich hebe vorne ab und muss all mein technisches Können unter Beweis stellen, um heil oben anzukommen.
Der Ausblick entschädigt für die Strapazen, zeigt jedoch auch, was auf mich wartet. Das war erst das Vorgeplänkel. Der Weg schlängelt sich durch ein trockenes Tal. Die richtigen Berge sind noch weit weit weg.
Kaum dass ich das atemberaubende Panorama in mir wirken lassen kann halten auch schon zwei Kleinbusse hinter mir. Kurz darauf spanisches Geplapper und der Gestank billiger Zigaretten.
Kurzerhand steige ich aufs Rad und folge dem Weg ins nächste Dorf. Trotz der Hitze ist es dort befremdlich kühl. Die Menschen grüßen nicht, tuscheln in meine Richtung und blicken finster hinter mir her. Ich bin froh, als ich wieder draußen bin. So wird auch meine letzte Hoffnung auf eine Versorgung vor den Bergen zunichte gemacht.
Als ich über diese Situation nachdenke und den nächsten Hügel erklimme, steht wie aus dem Nichts ein kleiner Junge am linken Straßen der Anhöhe. Er hält einen Grashalm hoch. Ich fasse es als Spaß auf und ducke mich unter der imaginären Ziellinie hindurch, als er mich anbrüllt: STOI! (=HALT!).
Ich trete weiter gelassen in die Pedalen. An Halt ist keinesfalls zu denken. Mit einem tiefen “Kak stoi?! Nitschewo niet!!” (=Wie “Halt!”?! Nix gibt´s!) winke ich ihn weg und hab kurz darauf wieder meine Ruhe. Was war denn das?, frage ich mich, als auch ein paar Meter weiter nichts passiert.
Als es dunkel wird, suche ich mir auf einer Anhöhe einen sicheren Zeltplatz. Was, wenn der Flegel mit seinen Bauernjungs auf Treibjagd nach Touristen geht? Ich mache mich aufs schlimmste Gefasst und träume von wilde Verfolgungsfahrten.
Morgen geht es hinauf zum Pass, in der Hoffnung, dass dort irgendwer was zum Essen hat. Ich fühle mich äußerst unwohl.

Ort: Naryn, Naryn, Naryn, Kyrgyzstan GPS: 41.43000030517578, 76