Samstag, 1 August 2009#

Freie Melonen-Marktwirtschaft#

Meine Hoffnung auf eine ruhige Nacht wird um kurz nach drei Uhr von meinem Zimmergenossen mit leichtem, aber konstantem Schnarchen zersägt.

Dennoch behalte ich die Ruhe, wache am nächsten Morgen frisch auf und starte auf der gut ausgebauten Autobahn meine Fahrt nach Volgodonsk.

Der Weg ist unspektakulär, laaaange und flach. Einzig der unerwartete Besuch auf einem (Melonen)Markt bedeutet Abwechslung. Nach stundenlangem Strampeln auf ruhiger Landstrasse wechselt die Strasse mit einem Mal in wildes Markttreiben. Ich verlangsame meine Fahrt und bin die Attraktion des Marktes. Ich spüre, wie die Blicke mir nachgehen, als ich langsam und genussvoll durch die engen Gassen rolle.

Ehrlich gesagt geniesse ich dieses Gefühl nach der öden Fahrt sogar und habe echten Spass daran, mit meiner ungewohnten Erscheinung zu spielen. Zumal die Reaktionen überaus positiv und herzlich sind. Auf dem Markt gibt es neben Paprika und Kwas vor allem eines: Wassermelonen. Überall! An jedem Stand türmen sich die hellgrünen Bälle meterhoch auf.

Selbst im ältesten Lada findet sich im Kofferraum Platz für ein paar Melonen, so scheint es, denn alle paar Kilometer steht ein Auto am Strassenrand und bietet diese Früchte feil.

Aus Gewichtsgründen habe ich mich bis jetzt nur zu einem Kauf einer Honigmelone hinreissen lassen.

Als es dunkel wird, ist noch immer keine Gastiniza in Sicht. Im Gegenteil: ich befinde mich zwischen tiefem Schilf auf einem Damm entlang der Don.

Links von mir verläuft in einiger Entfernung die Strasse. Dazwischen sind ab und zu Baumgruppen. Rechts direkt der Fluss. Von Zeit zu Zeit kommt ein Strassenmarkt oder eine Menschenansammlung, die im Fluss baden. Sonst passiert nichts.

Bis nach Volgodonsk sind es noch über 20 Kilometer. Das schaffe ich heute nicht mehr. Daher suche ich nach einem günstigen Zeltplatz am Ufer.

Um mein Zelt aufzuschlagen sind mir noch zu viele Menschen unterwegs. Auf ein Interview a la “Hello my German Friend” habe ich nach fast 110 Kilometern und 6:30 Stunden radeln keine Lust. Will einfach nur in Ruhe meine Beine ausstrecken und schlafen.

Als der Weg von einer Schleuse versperrt wird, kommt mir auch noch ein Hund laut bellend entgegen. Ausserdem ein Mann.

Ich gestikuliere, dass ich weiter fahren müsse, wovon er mir abrät. Der Weg geht hier nicht weiter. Aber wenn ich wolle, könne ich mein Zelt hier aufschlagen.

Gesagt getan und ich schlafe sofort nachdem Zeltaufbau am rauschenden Bach ein.


Ort: Semikarakorsk, Semikarakorsk, Province of Rostov, Russia GPS: 47.513370513916016, 40.80192947387695