Mittwoch, 29 Juli 2009#
Zwangshospitalismus
Meine Stimmung ist mies. Beim Frühstück wird es mir mulmig. Der Hals kratzt. Das Herz wummert kräftig gegen die Brust. Ich fühle mich schlecht. Alles k*cke.
Also lege ich noch einen Tag Pause ein und verbringe den ganzen Tag im Zimmer.
Meine ursprünglichen Pläne, die Stadt zu erkunden, werden abwechselnd von der Lust und dann vom Wetter umgeworfen:
Morgens mag ich noch etwas ausruhen und mir die Sonne ins Gesicht scheinen lassen. Als ich mich zum Spaziergang aufraffe, blitzt und donnert es draußen. Dazwischen immer wieder heftiger Regen, der sogar meine Sachen, die ich gestern zum trocknen auf dem Balkon gehängt hatte, wieder durchnässt.
Ich versuche, solche Tage gelassen zu nehmen und denke nach, esse esse esse und schlafe viel. Die Hörbücher und Spiele auf dem iPod helfen, die Zeit tot zu schlagen. Keinen Fuß setze ich heute vor die Tür!
Diese Intensivkur “Stillstand” weckt in mir wieder die Lust aufs Radfahren - so hoffe ich. Und ja, ich habe Lust, Rad zu fahren, die Gegend zu entdecken, aber ich spüre auch, dass ich eine mittelstarke Blockade habe.
Heute Morgen nehme ich daher auch dankend das Angebot der Dänen wahr und fahre erneut mit Richtung Rostov.
Während der Fahrt stoße ich mehrfach tiefe Seufzer aus: die Straße ist übervoll, sehr eng und das Wetter scheußlich.
Es wäre eine sehr gefährliche Fahrt hinaus aus Krasnodar geworden und ich bin froh, im Roten Flitzer gen Norden düsen zu können und mit den beiden reden und lachen zu können.
Die Landschaft ist Steppe = seeeehr weit und unspektakulär. Vom Beifahrersitz bekomme ich so einen Eindruck, was mich landschaftlich die nächsten Tage erwartet, denn ich plane von Rostov über die Nebenstrecke wieder etwas süd-östlicher an der Don entlang zu fahren und dann nach Norden Richtung Volgograd zu.
In einem Rasthof an der Autobahn kehren wir ein. Rasmus bestellt und das ganze Lokal schaut und hört uns dabei zu. Wir sind gespannt, was wir bekommen.
Stimmung: Gleich geht die Tür zu und Vampire fallen uns an. Aber nichts dergleichen passiert und wir bekommen von der freundlichen Bedienung kurze Zeit später die gewünschten Speisen.
Unter heftigsten Lachkrämpfen essen wir unseren Schaschlik und verlassen dann mit Tränen in den Augen und bestens gelaunt die Spelunke.
Kurz vor der Stadtgrenze werden unsere Papiere geprüft. Ein bürokratischer Akt, der immer wieder vorkommt und ganz normal ist. Die Polizei ist omnipräsent und prüft intensiv. Lange Staus sind keine Seltenheit. Dennoch ist die Stimmung stets gelassen und freundlich. Es ist eben normal.
Allein in der Stadt werden wir dann bei der Suche nach unserem Hotel noch dreimal (!) innerhalb einer halben Stunde kontrolliert… dafür erhalten wir dann wertvolle Tipps, wie wir zum Hotel kommen.
Das Hotel sprengt mal wieder mein Reisebudget und ist extrem nobel. Ab morgen weht mir in der Reisekasse ein ganz ein anderer Wind, schwöre ich, als mein Kopf auf das flanellweiche Kopfkissen fällt.
Ort: Интурист / Intourist, Krasnodar, Krasnodarskiy Kray, Russia GPS: 45.036685943603516, 38.97372055053711