Dienstag, 30 Juni 2009#

Johannes Paul im Park und Feiern mit einem Fremden#

Nach dem Milchshake schlendere ich etwas gestärkt weiter durch Stadt und Park. Dennoch habe ich riesigen Hunger und plane, in dem Restaurant unter meinem Hotel eine Pizza zu essen und mich dann auch schon bald abzulegen.

Um den Stadtkern herum gibt es einen Grüngürtel, der zum Spazierengehen einlädt.

Am Wegesrand ist eine Fotostrecke über Johannes Paul II installiert, die ich langsam und interessiert ablaufe. Zahlreiche Momente aus seinem Leben sind hier dokumentiert und auch bei mir kommen einige Bilder aus jungen Jahren wieder in Erinnerung.

Bei der letzten Tafel fragt mich ein junger Mann nach der Uhrzeit und holt mich abrupt aus dem Tagträumen. So richtig Lust auf reden habe ich nicht und antworte bewusst knapp auf die Standardfragen zu meiner Herkunft und wie ich Krakau finde. Doch schon kurze Zeit später erfahre ich allerhand über sein Verhältnis zu Deutschland und der Welt und spüre, dass er unheimlich Lust am Reden hat.

Nachdem ich ihm meinen Weg von und bis Krakau skizziert habe, lädt er mich zu einem Bier ein. Nach kurzem Abwägen sage ich ja und folge ihm in ein uriges Kellergewölbe einer Studentenkneipe tief unter Krakaus Straßen.

Er heißt auch Kristian und erweist sich als wirklich kurzweiliger Gesprächspartner. Humor und Trinkgeschwindigkeit passen und so geht es nach zwei Bier in die nächste Kneipe.

Ich bin plötzlich wieder in bester Feierlaune.

Hochverdient​, wie ich finde, denn ich bin gesund in Krakau angekommen und habe somit ein wichtiges Etappenziel ohne Schaden erreicht. Zudem bin ich sooo weit im Osten, wie noch niemals zuvor und… ja, ich bin auch äußerst dankbar, die Gedanken und Eindrücke der letzten Wochen mal mit jemanden von Angesicht zu Angesicht und ohne das Klicken des Gebührenzählers auszutauschen.

Leider nimmt der Abend eine überraschend schnelle Wendung, als ich plötzlich auch seine Zigaretten und das Taxi bezahlen soll (ich hätte ihm schließlich vorhin versprochen, ALLES zu bezahlen).

Da dies sicher nicht der Fall war und auch meine Gegenargumente nicht zu ihm durchdringen, beende ich dem Abend, indem ich mein Hotel aufsuche.

Ziemlich geknickt versuche ich meine Gedanken zu ordnen, was mir jedoch erst am nächsten Morgen beim ausgiebigen Frühstück gelingt.

Einerseits könnte ich mir jetzt vorwerfen, wieder nicht meinen ursprünglichen Plan verfolgt zu haben. Andererseits habe ich so viele interessante Ecken von Krakau gesehen, die normalen Touris verborgen bleiben. Und die paar Sloty extra waren mir die netten Stunden vorher allemal wert.

Als Lektion nehme ich - zusätzlich zum Brummschädel - mit, nie wieder ohne gescheite Grundlage einen trinken zu gehen und bei Fremden noch etwas reservierter zu werden.


Ort: Hotel Floryan, Krakow, Województwo Małopolskie, Poland GPS: 50.064422607421875, 19.94056510925293